
Kraftwerke Oberhasli, Schweiz –
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Energiegewinnung aus Wasserkraft ist seit je her beliebt. Mühlen, Sägen und Hammerwerke wurden mithilfe strömenden Wassers betrieben. Heutzutage wird mit Wasserkraft Strom erzeugt: ohne CO2-Emissionen und ohne den Verbrauch fossiler Brennstoffe. Somit spielt Wasserkraft auch heute beim Ausbau erneuerbarer Energiegewinnung eine wichtige Rolle. Die Grimsel, das „Wasserschloss der Alpen“, ist die ideale Region zur Stromgewinnung aus Wasserkraft. Hohe Niederschläge, große Gefälle über kurze Distanzen und harter Fels als idealer Baugrund machen die Region zum besten Wasserkraft-Standort in der Schweiz. Die Kraftwerke Oberhasli (KWO) produzieren hier seit 1925 saubere, umweltfreundliche Energie – 9 Wasserkraftwerke an 8 Seen liefern heute Strom für 1 Million Menschen. Durch schrittweise Erweiterung und Modernisierung der bestehenden Anlagen lässt sich mittelfristig die Produktion mit vergleichsweise geringem Aufwand noch deutlich steigern. KWO hat hierzu einen Investitionsplan aufgestellt, aus dem die ersten Projekte bereits abgeschlossen wurden.
Ausgangslage
Ausbaustufe 2 des Investitionsplans „KWO plus“ ist die Modernisierung des 1953 in Betrieb genommenen Kraftwerks Grimsel I. 2000 Meter über dem Meeresspiegel in einer Kaverne unterhalb des Grimselsees arbeiteten bislang drei Turbinen. Der Plan sah vor, die in die Jahre gekommene Pumpe Oberaar und die alte Maschine Grimsel zu entfernen und gegen eine neue Nachschubturbine mit 30 MW Leistung zu ersetzen, 20 MW mehr als die beiden alten Maschinen zusammen leisteten. Eine „Tieferlegung“ der Turbine um 30 Meter unter den bestehenden Maschinensaalboden sollte die Stromausbeute zusätzlich steigern. In der Kaverne war seit dem Bau des Kraftwerks ein alter 135-t-Kran für Wartungsarbeiten an den Turbinen im Einsatz. Die maximale Hubhöhe des Kranes reichte jedoch nicht aus, um die Montage und spätere Revisionen an der neuen, tiefergelegten Maschine vornehmen zu können. Aus diesem Grund schrieb die KWO den Umbau des 1950 gebauten Hubwerkes auf die Förderhöhe von 40 Metern aus – unter Berücksichtigung der speziellen, kraftwerksspezifischen Vorgaben.
Realisierung
Die Schweizer Firma Technik Amacher ist Spezialist für Krananlagen in Kraftwerken und auf diesem Gebiet seit 10 Jahren enger Partner der Schweizer STAHL CraneSystems-Tochtergesellschaft. Mit speziell auf die Anforderungen in Kraftwerken abgestimmten Steuerungen hat sich die Firma einen Namen bei Schweizer Kraftwerksbetreibern gemacht. Bei der Analyse der bestehenden Krananlage kam Amacher zu dem Ergebnis, dass ein Umbau des alten Hubwerks innerhalb des kurzen Zeitfensters von einer Woche und zu angemessenen Kosten nicht praktikabel war und bot daher die Installation einer zusätzlichen Kranbrücke mit neuer, zeitgemäßer Hebetechnik an. KWO begrüßte diesen Vorschlag und erteilte Amacher den Auftrag. Die neue Kranbrücke wurde von STAHL CraneSystems im Kranwerk Ettlingen gefertigt und mit einer 85-t-Seilwinde vom Typ SHW 8 ausgestattet. Zusätzlich wünschte KWO ein Hilfshubwerk für Montagearbeiten und Transporte kleinerer Lasten, das auch für Arbeiten an der 40 Meter tiefer gelegenen Rückflussklappe im Stollen zum Räterichbodensee verwendet werden sollte. Zu diesem Zweck montierte STAHL CraneSystems einen Seilzug mit 10 t Traglast, der aufgrund der großen Hubhöhen mit einer relativ hohen Hilfshubgeschwindigkeit konzipiert wurde. Beide Hubwerke verfügen über die maximale Hubhöhe von 40 Metern. Ein Team der Firma Amacher reiste nach Ettlingen, wo die Spezialsteuerung installiert und getestet wurde. Dank dieser Technik können die Kraftwerks-Mitarbeiter den Kran besonders präzise und fein steuern, die Fahr- und Hubgeschwindigkeiten bewegen sich im Bereich von wenigen Millimetern pro Sekunde. Den schwierigen Transport der 13 Meter langen Kranbrücke über den mitunter steilen und kurvigen Grimselpass besorgte ein Schweizer Spezialunternehmen. Eine besondere Herausforderung stellte der enge Zufahrtsstollen hinunter zur Kaverne dar. Trotz exakter Berechnungen war es Millimeterarbeit, die Kranbrücke durch die 2,5 m breite und 2 m hohe Zufahrt hinunter in die Kaverne zu befördern. Bei dem in der Maschinenhalle zur Montage benötigten Kranwagen mussten sogar mehrere Teile vor der Einfahrt in den Stollen demontiert werden. Doch auch in der unterirdischen Halle ging es eng zu: Der Kranwagen stand eingekeilt zwischen den Außenwänden und der 40 Meter tiefen Baugrube. Der alte Kran sowie ein zusätzlich installierter Montagekran schränkten die Bewegungsfreiheit weiter ein.
Resultat
Und doch verlief alles nach Plan. Nach nur einer Woche war der Umbau vollzogen, die Zuleitungen gelegt und die Abnahme durch den Kunden problemlos erfolgt. Nun arbeiten der alte und der neue Kran parallel auf der bestehenden Kranbahn. Der „Neue“ hat sich inzwischen bestens bewährt: er diente in den Folgemonaten zur Montage der neuen Wasserkraft-Anlage und bis zum Ende der Baumaßnahmen zum An- und Abtransport des Baumaterials in der Baugrube. Seit dem Bauende 2007 ist der Kran für Revisionsarbeiten an der neuen Turbine bestimmt, eine Aufgabe, bei der höchste Präzision und Verfügbarkeit gefragt sind. Während der kurzen Zeit, in der die Anlage vom Netz geht und die schwere Turbine emporgehoben, zerlegt, geprüft und schließlich wieder zusammengesetzt wird, geht alles sehr hektisch zu: Die Spezialisten arbeiten unter Hochdruck und nebenbei tickt die Uhr, denn jede Minute Stillstand kostet bares Geld. In so einer Situation muss die Hebetechnik einwandfrei funktionieren und in Notfällen sofort Ersatz zur Stelle sein. Hebezeuge von STAHL CraneSystems haben sich bei solchen Aufgaben stets bewährt und auch die neue Anlage leistet seit ihrer Installation gute Dienste. Die Teams von STAHL CraneSystems und Technik Amacher freuen sich über ein weiteres erfolgreich abgeschlossenes Spezialprojekt in einem Schweizer Kraftwerk – es wird bestimmt nicht das letzte gewesen sein.
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